Das Morgengrauen

Prolog in Dunkeln

Der Mann zog sich den Mantelkragen noch höher vor das Gesicht und drückte sich noch tiefer in den Schatten des Betonpfeilers, hinter dem er sich verborgen hielt.
Plötzlich hallten Schritte durch die leere Tiefgarage. War er das?
Ein Feuerzeug klickte, kurz flackerte ein Flämmchen in der Dunkelheit, dann glimmte das Ende einer Zigarette. Die Silhouette eines Mannes hob sich vor dem Hintergrund der schwarzen Wand schemenhaft ab.
Derjenige, der gewartet hatte, machte zwei Schritte aus dem Schatten.
„Da sind sie ja“, sagte der andere. „Ich dachte schon, sie hätten es sich anders überlegt.“
„Haben sie das Geld?“
„Aber sicher!“ Die Stimme des neu Angekommenen klang tief und selbstsicher. Er schob mit einem Fuß einen Aktenkoffer, den er zwischen seinen Beinen abgestellt hatte, einen halben Meter zum anderen hin. Es knirschte auf dem blanken Betonboten unangenehm.
Schnell griff der Wartende nach dem Koffer und hievte ihn auf den Schenkel seines angewinkelten rechten Beines. Mit einem metallischen Klacken sprang der Sicherheitsverschluss auf.
„Brauchen sie Licht?“, fragte die tiefe Stimme. „Ich kann ihnen mit der Taschenlampe leuchten, falls sie nachzählen wollen. Aber keine Sorge, es fehlt nichts.“
„75.000 Euro?“
„Wie abgemacht. 75.000 Euro! Wären sie so nett, mir den Empfang zu bestätigen. Zu unserer beider Sicherheit.“ Er hielte dem anderen ein Papier zum unterschreiben hin.
„Was mach ich bloß?“, murmelte der Mann, der das Geld empfangen hatte, als er unterschrieb. „Wenn das herauskommt, mein Gott, wenn das je herauskommt!“
Die tiefe Stimme lachte knurrend. „Es ist zu spät für Gewissensbisse. Vielen Dank für ihre Hilfe. Gerne wieder. Wir sehen uns beim Richtfest! Empfehle mich!“ Und mit diesen Worten verschwand er lautlos in der Dunkelheit.


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