Die Anfänge des Neustädter Schäferhundevereins:
Dressurübungen im Garten des Vorsitzenden
Herbst 1922 in Deutschland: Die Republik war in Aufruhr. Der Mord an Außenminister Walter Rathenau, der Rapallo-Vertrag zwischen Deutschland und Rußland und die heraufziehende Inflation waren die politischen Tagesthemen. Der US-Dollar, 1919 bereits für 14 Mark gehandelt, im Januar 1922 bei 191 Mark, war inzwischen auf rund 17 000 Mark geklettert.
In Neustadt im Hochschwarzwald schlitterte die Großuhrenfabrikation ihrem Ende entgegen, die 1886 gegründete Papierfabrik war mit über 300 Beschäftigten bereits größter Arbeitgeber. Über 200 Menschen waren im größten Sägewerk des Hochschwarzwaldes, dem Sägewerk Himmelsbach in Hözlebruck beschäftigt. Dort gab es sogar bereits eine eigene Werkskantine. Drittgrößter Arbeitgeber der Stadt war Taschenuhrenfabrik Alois Morat, erst dann kam die Schraubenfabrik.
1920 war die Landstraße von Neustadt über Eisenbach nach Villingen eröffnet worden. Tankstellen gab es noch keine. Der Sprit wurde vom Apotheker verkauft. Gegen den von Drogist Stoffler geplanten Bau einer Tankzapfsäule gegenüber dem Münster gab es heftige Proteste von Stadtpfarrer Enz.
Kommunalpolitisch zog soeben ein harter Wahlkampf um das Amt des Bürgermeisters herauf. Der seit 1914 amtierende Adolf Winter hatte im Gemeinderat, der den Bürgermeister wählen mußte, keine Mehrheit mehr. Sein Nachfolger Karl Pfister stand bereits vor der Tür.Das war das lokale Umfeld in Neustadt, in dem sich im Herbst 1922 die Gründung eines Vereins für deutsche Schäferhunde anbahnte. Motor dieser Bewegung war der Papierfabrik-Prokurist Albert von Lojewski, der zusammen mit acht weiteren Neustädter Schäferhunde-Besitzern bereits seit längerem Mitglied im 1899 gegründeten Deutschen Schäferhundeverein (Sitz in München) war.